Hallo Lilly, hallo Ihr,
ich würde davon abraten, Tarotkarten für Tiere zu legen, um sie BESSER ZU VERSTEHEN. Ich halte das für relativ gefährlich, denn möglicherweise kochen da gewaltige Missverständnisse hoch, wie ein Tier sich laut Karten fühlen
könnte, die, wenn man das Tierverhalten genau beobachtet, nicht auftreten würden. Jemand, der seinen Hund, seine Katze, OHNE Tarot nicht versteht, versteht ihn, glaube ich, mit den Karten erst recht nicht. Vor allem, wenn jemand das normale Tarot nicht beherrscht - wie soll er dann ein Tiertarot interpretieren
können? Deshalb würde ich davon abraten, es denn, es wäre eine fröhliche Spielerei an langen Winterabenden ohne ernsten Gehalt!
Mir ist einmal mit Tarotkarten eine schwerwiegede Geschichte passiert, sicher auch deshalb diese Warnung.
Ich nehme das Ende jetzt nicht vorweg, sondern fange an, wie es sich begeben hat: Vor fast 30 Jahren hatte ich eine Beaglehündin - Tüpfel mit Namen - an der ich sehr hing. Ich arbeitete damals als Geschäftsführerin eines kleinen Theater- und Probenhauses für freie Gruppen in einer nahegelegenen Großstadt. Das Kulturhaus lag am Stadtrand auf der grünen Wiese, dahinter war eine Kleingartenanlage, daneben ein Friedhof, dahinter meilenweit Felder. So. Im Haus waren mehrere Hunde. Die musste man ein bisschen auseinander halten, außerdem musste ich ja arbeiten, so kam die Tüpfel jeden Morgen - nach dem ersten Gang - mit dem Collie-Schäfermischling Tim meiner Freundin Bettina, die dort ebenfalls arbeitete, in den großen Garten. Der Garten war hoch eingezäunt, es gab dort eine Hütte; der 8 jährige Tim und die 7 jährige Tüpfel kannten sich seit Junghundalter und waren ein Herz und eine Seele. Mittags kam dann der nächste Gang, und so fort. Bisweilen konnte man die auch ins Büro holen, wenn nicht zuviel Publikumsverkehr war. So ging das sicherlich ein dreiviertel Jahr.
Eines Tages im warmen Herbst ging ich Mittags hinunter, fand das Gartentor geöffnet und die Hunde fort.
Bettina war genauso aufgeregt wie ich, wir sind natürlich sofort losgelaufen, haben gerufen und geschrien, haben die ganze Umgebung abgesucht --- keine Hunde. "Na, die werden schon wiederkommen!", trösteten uns die anderen. Aber das Gartentor war geöffnet worden! Damals war es die Zeit, als Hunde noch für Tierversuche weggefangen wurden! Natürlich taten Bettina und ich ALLES, um die Hunde wiederzubekommen. Tage - und Wochenlang die ganze Gegend abgefahren, die Polizei benachrichtigt, Leute gefragt, Zettel aufgehängt, Tierheime abgegrast --- nichts! Versucht alle Firmen der Nähe herauszufinden, die irgendwas mit Tierversuchen zu tun haben könnten, versucht, dort Kontakt aufzunehmen, dort einzudringen .... kein Ergebnis.
Und dann waren da die Tarotkarten. Ich hatte mich einige Jahre mit der Deutung befasst. Hatte dazu dicke und dünne Bücher gelesen. Es gab verschiedene Arten zu fragen, verschiedene Legearten der Fragen. Abends, wenn ich die Kinder im Bett hatte und in der Familie Ruhe eingekehrt war, ging ich still im oberen Wohnraum in Klausur. Licht aus, Kerze an, entspannt, entspannt, tief entspannt ... und die Karten ausgelegt.
Ihr werdet es nicht glauben, aber auf alle Fragen in allen Legearten und Lesarten, bekam ich schlussendlich immer die Karte "Die Sonne". Entweder rankten sich noch ein paar Karten drumherum, oder sie blieb allein übrig, aber dies war immer die wichtigste Karte. "Die Sonne" ist die Karte XIX der großen Arkana, also der Trumpfkarten. Eine sehr wichtige und sehr positive Karte. Googelt mal danach!
Jetzt habe ich das Crowley-Kartendeck, nicht das Rider-Waite-Deck. Meine Karte zeigt zwei Kinder, die voller Glück auf die Sonne zutanzen. Das passte ja total auf die Tüpfel und den Tim!
Deshalb verfestigte sich in meinem Kopf eine andere Lesart des Geschehens: Die Tüpfel wurde ja heiß! Noch nicht so, dass man sie vor dem Rüden hätte wegsperren müssen, aber vielleicht hatte jemand - vielleicht ein Kind? - beiläufig das Gartentor geöffnet, und die beiden waren - Juppideh!- über die Felder ausgebüxt, um laufend, rennend und spielend, den natürlichen Superplatz für ihre zukünfige Familie zu finden?
"Die müssen hier noch irgendwo sein!", sagte ich Bettina immer wieder. "Und es geht ihnen gut! Ich kann doch nicht dauernd "Die Sonne" kriegen, und es geht ihnen nicht gut? Große Straßen gibt es im Umfeld nicht, sie müssen noch leben!" Also suchten wir weiter, fast bis Weihnachten.
Kennt Ihr die Auflösung? Nein? - "Die Sonne" bedeutet auch: plötzlicher Tod. Ich habe diese Interpretationsseite der Karte gar nicht angeguckt, wollte sie auch gar nicht sehen. Man muss auch ziemlich suchen, bis man diese Interpretation in dicken und dünnen Büchern so direkt findet, dass man sie nicht mehr überlesen kann. Es steht aber drin! Ich WOLLTE sie aber nicht sehen!
Am ersten Weihnachtsfeiertag war es dann soweit. Im Kulturhaus herrschte Ruhe, alle , die in der Nähe wohnten gingen etwas wandern, über die Kleingärten und den Friedhof weit hinaus auf die Felder. Ich war nicht mit dabei, denn ich wohnte dort ja nicht, arbeite dort nur. Deshalb kannte ich auch die dünnen Gleise der Schnellzuglinie nicht, die irgendwo hinten zwischen den Feldern verlief. Sie fanden Teile der Körper von Tüpfel und Tim. Viel war von ihnen nicht mehr übrig. Von der Tüpfel nur eine Lende mit ihren typischen braunroten Tüpfelflecken, vom Tim nur Stücke von Fell. Neben dem IC hatten auch Ratten und Bussarde ordentliche Arbeit verrichtet.
Aber in meinen Gedanken sehe ich sie heute noch glücklich laufen. Irgendjemand hatte das Tor geöffnet, und sie stürzten davon! Glücklich! Rennend! Spielend! Sicherlich wollten sie auch zurückkommen. Aber irgendwo zwischen den Feldern enteckten sie eine freie Bahnlinie, und niemand - NIEMAND! - hatte sie je vor solchen Gleisen gewarnt. "Freie Fahrt zwischen dem umständlichen Winterraps! Komm, mein Freund, hier geht es lang!"
Voller Freude liefen sie der Sonne entgegen.
LG
Geli