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Ein Tierkommunikations-Weihnachtsmärchen von Barbara Fegerl


Versammlung der Tiere


Dieses Jahr beschloss eine Gruppe von Tieren, ihren Menschen ein ganz

besonderes Geschenk zu machen: Sie wollten sie an die Kraft der Liebe erinnern.

Einige Tage vor dem Weihnachtsfest versammelten sie sich auf einer

Waldlichtung und berieten, was sie tun könnten, um das Herz ihres geliebten

Herrchens oder Frauchens zu berühren.

Kater Max meldete sich zu Wort. „Wir jagen so viele Vögel, wie wir können und

schenken sie ihnen als Liebesbeweis. Wenn wir den ganzen Tag ohne Unterlass

jagen und die Geschenke vor ihnen auftürmen, dann werden sie sehen, wie groß

unsere Liebe zu ihnen ist.“

Die Stute Lisa schüttelte angewidert den Kopf. „Tote Mäuse als Liebesbeweis?

Wie ekelerregend! Ich werde mein Frauchen stundenlang abschmusen, dann

spürt sie, wie lieb ich sie habe!“ Marco, ein pensioniertes Rennpferd stampfte

mit dem Huf auf. „Wenn du das tust, wird dein Frauchen denken, du bist

respektlos und dir einen Klaps auf die Nase geben. Die Menschen schätzen es

nicht, wenn wir eigene Initiative ergreifen. Und wenn ein Pferd sie abschmust,

glauben sie nur, es sucht nach einem Leckerli. Sie verstehen uns manchmal

einfach überhaupt nicht!“

„Also mein Herrchen mag es sehr, wenn ich ihm meine Liebe durch Schmusen

zeige“ meldete sich die Golden-Retriever Hündin Bella. „Wenn er vor dem

Fernseher sitzt, dann kuschelt er stundenlang mit mir, streichelt mich und freut

sich, wenn ich mich an ihn kuschle.“

„Das machst du aber dann ohnehin jeden Tag, Bella. Wir brauchen etwas, was

die Menschen wirklich aus ihrem Alltag und ihren ganzen Gedanken aufrüttelt.

Sie sind immer so weit weg. Immer in Gedanken und immer im Stress. Und

dabei übersehen sie das Wesentliche.“ Die Meersau Rudi blickte  in die

Runde. „Sie übersehen das Innehalten, das Stillwerden, das Genießen der

Anwesenheit eines lieben Wesens. In ihrer Hektik und ihrem Tun-Müssen haben

sie kaum Zeit für die Liebe. Liebe ist für die Menschen etwas begrenztes, genau

definiertes, mit vielen Regeln eingeschränktes. Sie haben genaue Zeiten, Orte,

Menschen, Tiere, die sie lieben, wo sie lieben, wann sie lieben. Liebe ist nicht das

Zentrum ihres Lebens. Es ist eine Beschäftigung wie Essen oder Zeitung lesen.

Ich finde das einfach !“

Die anderen Tiere sahen betroffen aus. „Das stimmt,“ rief das Kaninchen

Stupsi. „Ich werde immer nach dem Abendessen auf den Schoß genommen und

gestreichelt. Meine Menschen haben einen ganz genauen Zeitplan, wann sich die

Kinder mit mir beschäftigen dürfen und wann nicht. Sie dürfen nicht einmal

zwischendurch in den Käfig greifen und mich streicheln – weil dann müssten sie

sich wieder die Hände waschen, um sich nicht mit Keimen anzustecken. Was sind

das für Zärtlichkeiten, die nach einem genauen Zeitplan ablaufen!?“

Rudi machte einen Schritt auf die anderen Tiere zu. „Was wollen wir tun? Wie

glaubt ihr, können wir das Herz unserer Menschen erreichen?“ Die Tiere steckten

die Köpfe zusammen und diskutierten eifrig. Es wurden Pläne geschmiedet,

Theorien gewälzt, Ideen geboren und wieder verworfen. Es war schon dunkel

geworden und die Tiere waren noch keinen Schritt weiter gekommen.

Auf einmal erhob sich der kleine Hamster Emil und sagte aufgeregt zu den

anderen Tieren: „Ich habe eine Idee! Mir ist gerade etwas eingefallen: Am

Weihnachtstag können die Menschen, die reinen Herzens sind, unsere Sprache

verstehen! Ich kann mich an letztes Jahr erinnern. Plötzlich konnte ich mit

meinem Frauchen sprechen! Sie hat mich verstanden. Es war so wunderschön!

Ich habe ihr gesagt, wie lieb ich sie habe und dass ich den Käfig lieber in einer

dunkleren Ecke stehen hätte, weil mich die Sonne oft aufgeweckt und geblendet

hat. Und ich habe sie gebeten, mich öfter laufen zu lassen und mir den Bauch

ganz sanft zu massieren, weil ich öfter Bauchschmerzen hatte. Und sie hat das

alles getan! Es war mein allerschönstes Weihnachten. Ich fühlte mich so geliebt

und willkommen und ernst genommen. Und ich habe das Gefühl, dass sich die

Beziehung zu meinem Frauchen seitdem komplett gewandelt hat. Ich merke es

an ihren Augen – sie sieht mich als denkendes Wesen mit Wünschen und

Vorlieben! Das hat sie glaub ich vorher nicht getan.“

Die anderen Tiere sahen Emil einen Moment erstaunt an. Dann brach ein

regelrechter Tumult aus. „Ich möchte auch mit meinem Frauchen reden können!“

„Ich wünsche mir so lange schon ein anderes Halsband. Meines kratzt immer so

am Hals. Das könnte ich Herrchen endlich erklären!“ „Ich würde so gerne wieder

einmal Fisch essen. Mein Frauchen gibt mir so selten welchen. Aber der schmeckt

so gut! Vielleicht würde sie mir den Wunsch erfüllen!“ „Mein Sattel drückt so und

mein Frauchen versteht nicht, dass ich deswegen so steif gehe. Ich könnte es ihr

erklären. Vielleicht gäbe es eine Lösung!“ „Ich hätte so gerne wieder einmal

Zuckerrüben. Ich habe schon jahrelang keine bekommen und sie schmecken mir

so unendlich gut!“ „Salat! Ich beginne schon, von Salat zu träumen! Frauchen

gibt mir so selten welchen. Ich könnte ihr erklären, wie sehr ich mich danach

sehne!“ „Ich vermisse meine Kinder so sehr. Vielleicht weiß Frauchen, wo sie

sind und ob es ihnen gut geht!“ Die Tiere riefen durcheinander und stachelten

sich gegenseitig mit Wünschen an, die sie an ihre Menschen hätten und was sie

ihnen alles sagen wollten.

Stupsi blickte nachdenklich in die Runde. „Aber wenn mein Frauchen nicht reinen

Herzens ist, dann kann sie mich nicht verstehen, oder? Was tue ich dann?“

Stupsis Augen blickten auf einmal ganz . „Ich würde ihr doch so gerne

sagen, wie lieb ich die Familie habe und wie gut es mir gefällt, durch das Zimmer

zu toben. Sie kümmern sich so gut um mich und ich kann nicht einmal danke

sagen.“

Emil ging zu Stupsi und rieb zärtlich die Nase an seinem Fell. „Ich habe eine

Idee! Wir müssen nur auf den Heiligen Abend warten. Unsere Menschen werden

den ganzen Tag gestresst sein, beschäftigt mit Kochen und Geschenke-

Verpacken und Baumaufputzen. Am Abend sehen sie dann den Weihnachtsbaum,

all die bunten Lichter, das Leuchten in der Augen der Kinder und die Freude beim

Geschenke-Auspacken. Wenn alles vorbei ist, alles still und sie erfüllt sind vom

weihnachtlichen Zauber und Funkeln, dann sprechen wir sie an. Glaubt mir, es

kann funktionieren!“

Die Tiere hatten zwar noch ihre Zweifel, ob dieser Plan gerade bei ihren

Menschen funktionieren würde, doch sie gaben sich gegenseitig Hoffnung und

beschlossen, es einfach zu probieren.

Der Heilige Abend

Hilde sank erschöpft auf die Couch. Der lange Tag war endlich vorbei. Alles war

gut gelaufen. Die Kinder waren natürlich begeistert und wurden nicht müde, mit

ihren neuen Spielsachen zu spielen und die Schokolade vom Baum zu naschen.

Die Schwiegereltern hatten sich halbwegs friedlich verhalten. Die ganze Familie

war schließlich müde ins Bett gegangen, nur Hilde war noch auf und wollte sich

gerade eine CD, die sie geschenkt bekommen hatte, anhören, als sie plötzlich ein

Wispern hörte. Sie sah sich erstaunt um, konnte aber nur die beiden

Meerschweinchen in ihrem Käfig entdecken. Rudi war ganz nah ans Gitter

gekommen und sah sie erwartungsvoll an. „Na, kleine Rudi, hast du noch

Hunger? Es gibt aber erst morgen wieder etwas.“ Hilde wollte sich schon

umdrehen, als sie plötzlich wieder die leise Stimme vernahm „Bitte noch ein

kleines Salatblatt. Mit leeren Magen kann ich so schlecht einschlafen.“ Hilde ließ

erschrocken die CD-Hülle fallen und Rudi machte einen Satz nach hinten. „Puh,

du hast mich aber erschreckt!“ Hilde schüttelte den Kopf und sagte zu sich selbst

„Ich bin wohl schon völlig übermüdet. Jetzt höre ich schon Rudi mit mir

sprechen.“ „Ich spreche wirklich mit dir. Weißt du nicht, dass zu Weihnachten die

Menschen mit den Tieren sprechen können?“ Hilde sah Rudi völlig erstaunt an.

Langsam dämmerte ihr, dass ihr Meerschweinchen wirklich mit ihr sprach.

„Könnte ich vielleicht das Salatblatt haben?“ Rudi sah sie flehend an und Hilde

ging um die Küche, um zwei Salatblätter für Rudi und Sepp zu holen. „Sag, du

kannst wirklich mit mir sprechen? Das ist ja ein Ding! Da kann ich dich auch

endlich fragen, ob es dich eigentlich stört, dass du Rudi heißt, wo du doch ein

Weibchen bist.“ „Ist nicht so schlimm. Ich habe mich daran gewöhnt. Das ist ja

nur der Name, den ihr Menschen mir gebt. Sepp nennt mich Sida. Sepp heißt

auch nicht Sepp, ich nenne ihn Koni.“ Hilde sah sie erstaunt an. „Ihr habt

gegenseitige Namen für euch? Die sind ja viel schöner, als Rudi und Sepp. Sida

und Koni. Klingt wirklich schön.“ „Ich finde deinen Namen auch sehr schön –

Hilde, das klingt so sanft. Ich mag deinen Namen. Aber ich wollte dir eigentlich

unbedingt etwas sagen. Ich möchte dir gerne dafür danken, dass du es

durchgesetzt hast, dass Koni zu mir kommt. Ich weiß, alle haben sich dagegen

gesträubt, aber du hast gelesen, dass ein Meerschweinchen alleine unglücklich

ist. Und du hast nicht locker gelassen, bis Koni gekauft wurde. Ich war so

glücklich. Weißt du, das Leben in Einzelhaft war wirklich schrecklich für mich.

Und Koni ist so ein Lieber. Ich habe ihn ganz furchtbar lieb.“ Hilde sah Sida

liebevoll an. „Ich habe gemerkt, wie sehr du dich über Sepp – ich meine Koni -

gefreut hast.“ „Ich möchte dir aus tiefstem Herzen danken. Und ich möchte dir

sagen, dass ich gerne bei euch bin.


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