AW: Was haltet ihr von Cesar Millan?
Hallo Mumpel,
ich finde es sehr interessant, was Du geschrieben hast.
Wir hatten hier mal eine Frau im Forum, Eva, mit der ich lange auch privat geschrieben habe und einen sehr interessanten Austausch pflegte, die zu 100% die Meinung vertrat, dass ein Hund all das tut, was man wirklich innerlich will.
Wenn man überzeugt ist, dass dies und das nun richtig für den Hund ist - wird der Hund das machen, oder jedenfalls mitmachen, bzw. über sich ergehen lassen.
Ich will mal Beispiele nennen: Ich will meinetwegen, dass mein Hund unangeleint an der Straße bei Fuß geht, ohne rüberlaufen zu wollen, absolut auf mich konzentriert ist, und vor jedem Überqueren einer Straße auf Handzeichen wartet, oder aber auf das nächste Handzeichen hin losläuft.
Wenn ich das wirklich will und erwarte, bin ich umgekehrt auch absolut auf den Hund konzentriert - und er wird es dann machen.
Ich weiß, dass es funktioniert, denn Bonnie hat so am allerersten Tag bei Fuß gehen an bürgersteiglosen Straßen gelernt.
Wenn meine klare Erwartung ist: Ein Hund liegt im Restaurant ruhig unter dem Tisch, dann setze ich das kraft meiner inneren Energie durch - und er macht es.
Oder, ein Hund soll wegen einer Entzündung Augentropfen bekommen, die er nicht will. Hund zickt rum, läuft weg, versteckt sich. Dann ist es jetzt an mir, innerlich völlig überzeugt zu sein, dass er sie haben MUSS. Diese innere energetische Kraft reicht aus, den Hund zu schnappen, und ihm ruhig, bestimmt und gelassen die Dinger zu verabreichen.
Wenn ich KANN, wende ich das immer wieder an. Zum Beispiel, als ich mit meinem Pflegewuff in Berlin war, musste ich längere Zeit mit ihm S-Bahn fahren. Die Vierersitze konnte ich nicht benutzen, weil ich Reisegepäck dabei hatte. Wir saßen auf diesen Ausklappsitzen, dort, wo auch Fahrräder und anderes Zeug abgestellt werden kann. Also, ich musste auf diese Weise S-Bahn fahren im Hauptberufsverkehr, mit einem Hund, der tendenziell auf fremde Leute, andere Hunde, Kinderwagen und Fahrräder mit Knurren und Schnappen reagierte. Es MUSSTE aber sein - und es ging mit Tino problemlos.
So ein inneres Überzeugtsein, das wäre auch für Dich gut, Mumpel, mit Deinem Köti.
Ich habe dabei allerdings zwei Probleme:
1.) Wenn ich mit zwei Hunden unterwegs bin, reicht meine energetische Konzentration manchmal nicht. Da muss ich mich darauf verlassen können, dass Bonnie an der Straße sicher bei Fuß geht, während ich mich auf Tino konzentriere. Aber sobald ich mich innerlich ein bisschen von ihm abwende, spüre ich, wie auch er nicht mehr ganz dabei ist und über die Fahrbahn linst. Da muss ich halt noch mehr üben.
2.) Die innere Erwartung ist nicht fest. Man misstraut in manchen Situationen dem Hund, die Dinge genauso durchzuführen, wie man sie eigentlich möchte. Es hat mich zum Beispiel nicht gewundert, dass Tino im Gartenrestaurant NICHT ruhig unter dem Tisch lag. Ich habe nichts anderes von ihm erwartet.
Es MUSSTE nicht sein, und ich war innerlich nicht davon überzeugt, dass Tino nicht doch austickt. - Schließlich habe ich ihn ja kennengelernt, und WEISS auf einer bewussten Ebene, dass er noch nicht verlässlich ist.
Also GLAUBE ich auch, das er nicht verlässlich ist.
So ist das immer ein Doppelspiel der Interaktionen. In dem Maße, in dem ich ihn aus meiner Konzentration entlasse, macht er Bockmist. WEIL er Bockmist macht, GLAUBE ich weniger an ihn. WEIL ich weniger glaube, macht er MEHR Bockmist.
Wir sind aber in einer positiven Spirale. Er macht immer weniger Bockmist, lässt sich leichter disziplinieren, und ich glaube immer mehr an ihn.
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Ich stimme in einigen Punkten mit Cesar Millan überein. Z.B. bezüglich Rudelführer, menschliche Fehlinterpretation, klare Kommandos, damit der Hund sich orientieren kann, die Achtung vor dem Menschen behält und nicht aus dem Ruder läuft.
Schau hier:
https://www.tierliebe.at/forum/showpost.php?p=154683&postcount=30
Wobei bei Bonnie alles mit Liebe geht, und sie bei einem scharfen Kommando zucken würde. Da brauche ich keinerlei Disziplinierung anzuwenden, das macht sie alles auf ganz kleine Weisungen ganz alleine.
Das Vertrauen stimmt zwischen uns 100%.
In der heutigen welt läuft es aber meistens entweder auf Auslastung und viel Zuneigung hinaus, oder nur auf Zuneigung, Zuneigung, Zuneigung.
Das sind für mich diese Huschus, in denen in Wattebäuschchenmentalität trainiert wird. Unter "Entwürfe" habe ich da ein langes post zu diesem Thema liegen, was ich eigentlich für dieses Forum schrieb, mich aber nicht recht traue, es zu veröffentlichen, weil mir dann viele hier - postwendend - an den Gurgel gehen würden.
Ich bin schon sehr der Meinung, dass Hund klare Ansagen braucht, auch ein deutliches "Nein!" und Äußerungen des Missfallens.
Ein Hund der nicht körperlich nach seinen Bedürftnissen ausgelastet wird, kann keine Disziplin ausüben.
Auch hier stimme ich ihm zu, ergänze aber, dass Hund auch "Kopfmäßige Auslastung" braucht. Also, nur spazierengehen reicht meines Erachtens nicht.
Wenn ich aber Pflegehunde nehme, ist langes Spazierengehen das erste, was ich mit ihnen mache. Über das spazierenlaufen können sie ihren Trennungs- oder sonstwie gearteten innerlichen Schmerz am besten abarbeiten. Lenkt gut ab.
Wie Du anderen postings von mir sicher kennst, bin ich aber kein Fan der Leine. Weder einer kurzen, noch langen, weder niedrig noch hoch am Hals.
Ich erwarte von meinen Hunden (Pflegewuffs inklusive) , dass sie beim Spaziergang auf mich konzentriert bleiben. Das gilt in erster Linie für Straßen, haben wir den Waldrand erreicht, gibt es dafür freies Laufen und Spielen auf der Wiese. Gehen wir danach auf dem Radweg weiter, erwarte ich wieder Konzentration, die so weit geht, dass die Hunde auf den leisen Ruf "Vorsicht, kommt ein Fahrrad!" zu mir an den Rand kommen und dort ruhig warten.
Das geht auch problemlos. Also, ich lasse sie dort, wo es sein muss, nie aus meiner Konzentration. - Siehe oben, gelegentliche Schwachmomente eingeschlossen, wenn ich mal mehr bei dem einen oder anderen bin.
In der Regel funzt es aber gut. Gestern Abend waren wir noch bei Dämmerung im Wald und kamen anschießend auf eine Wiese mit Rehen.
Beide Wuffs blieben stehen, und sahen sich die Rehe an.
"Lass die Rehe, Bonnie", sagte ich. "Lass die Rehe, Tino! - Wir gehen weiter!" --- Und natürlich taten wir das.
Vorher hatte ich noch ein Supererlebnis mit Tino, der bis dahin nicht immer abrufbar war: Als ich auf dem Parkplatz zum Waldweg die Hunde herausließ, sah ich eine Frau am Zugang stehen mit einem Hund fest an gespannter Leine, die sich langsam rückwärts bewegte, offensichtlich in Angst, dass meine freilaufendem ihrem Hund zu nahe kommen könnten. "Hund MEIDEN?" rief ich. Sie nickte wortlos.
"Bonnie, lass den Hund!" - Bonnie bog mit scharfer Kehre sofort rechts in den Waldweg ab. "Tino! Lass den Hund!" Tino folgte ihr auf dem gleichen Wege. - Aber genau das hatte ich in dem Augenblick auch erwartet! Und damit sind wir wieder oben angekommen.
Lieben Gruß,
Geli :blume2: