Hier die Stellungnahme von Clarissa v.Reinhardt:
Stellungnahme von Clarissa v. Reinhardt von animal learn
zum Video, auf dem unter Anleitung von Herrn Michael Grewe ein Deutscher Schäferhund misshandelt wird
Am 19. Dezember 2012 erreichten mich zahlreiche Emails mit links zu einem Video, das auf youtube eingestellt wurde und auf dem zu sehen ist, wie unter der Anleitung von Herrn Michael Grewe von CANIS ein DSH misshandelt wird. Viele Menschen baten mich um Stellungnahme, was ich von diesen Erziehungsmethoden halte und so möchte ich gleich zu Beginn meines Kommentars sagen, dass ich nicht bereit bin, diese sinnlose und fachlich komplett inkompetente Tierquälerei überhaupt als Erziehung oder Training zu bezeichnen.
Herrn Grewe ist offensichtlich jegliches empathische Empfinden gegenüber einem ihm anvertrauten Lebewesen abhanden gekommen. Der Hund zeigt starke (!) Angst, ist total verunsichert, versucht, der Situation zu entkommen und bei der Halterin Schutz zu suchen. Das alles wird einfach ignoriert, das Tier bekommt keinen Zuspruch, schon gar kein Mitleid für seine ausweglose Situation.
In einer offiziellen Stellungnahme faselt Herr Grewe dann davon, dass das vorherige aggressive Verhalten des Hundes diese Art der Behandlung rechtfertige. Ach, meine Güte, diese dumm-dreiste Rechtfertigung für Folter mussten wir uns schon so oft anhören in der Weltgeschichte... Nazi-Deutschland, Guantanamo, Folter in der Türkei, die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Wenn der Feind nun mal so böse ist, muss er zum Wohle der allgemeinen Sicherheit gebrochen werden. Und wenn der Hund nun mal so böse ist, rechtfertigt dies in Herrn Grewes Augen offensichtlich jede noch so unsinnige Tierquälerei. Mit ein wenig Ahnung von Lerntheorie weiß man, wie absurd das Ganze ist.
Betrachtet man den Film, fallen folgende Punkte am augenscheinlichsten auf:
1. Der Hund sucht Schutz bei der Halterin – und wird von ihr im Stich gelassen. Sie hilft ihm nicht, sondern gibt ihm durch ihr Ignorieren der anschließenden Misshandlung zu verstehen, dass er auf sich allein gestellt ist, wenn es um drohende Gefahr geht. Von ihr ist keine Hilfe zu erwarten. Dies wird sicher nicht dazu führen, dass er sich zukünftig besser fühlt und/ oder bereit ist, die Führung der Halterin zu überlassen. Und leider ist auch nicht davon auszugehen, dass Herr Grewe als verantwortlicher Leiter der Situation die Halterin darüber aufgeklärt hat, welche Auswirkungen dieser Vertrauensverlust für die Beziehung zwischen ihr und ihrem Hund hat.
2. Der Hund verhält sich offensichtlich angst-aggressiv gegenüber Menschen, die sich annähern, was selbst für im Ausdrucksverhalten recht unerfahrene Beobachter deutlich zu erkennen ist. Zusätzlich sieht man Elemente des erlernten Verhaltens: Dieser Hund hat in der Vergangenheit ganz eindeutig gelernt, dass Angriff die beste Verteidigung ist. Statt ihm im Training nun Vertrauen in die Annäherung von Personen beizubringen, lernt er hier, dass er mit einem Futternapf ins Gesicht geschlagen wird, wenn er sich vor lauter Angst nicht mehr anders zu helfen weiß, als nach vorne zu gehen. Was ist der Lernprozess? Sicher nicht, dass die Annäherung von Fremden völlig in Ordnung ist und man ihnen vertrauen kann!
An fachlichen Irrsinn grenzt es schließlich, wenn Herr Grewe in seiner offiziellen Stellungnahme auch noch behauptet, der Hund sei nun gefahrloser zu führen! Um Himmels willen! Dieser Hund wurde einfach nur so stark eingeschüchtert und misshandelt, dass er sich (nicht mehr, noch nicht!) traut, nochmals nach vorne zu gehen. Aber wehe, wenn eine Situation eintritt, in der die Angst vor dem sich annähernden Reiz noch stärker ist als die Angst vor der Strafe. Dann wird dieser Hund mit einer nie dagewesenen Vehemenz nach vorne gehen, weil er nach diesen Erfahrungen zu Recht glaubt, um sein Leben kämpfen zu müssen.
Weiter schreibt Herr Grewe, er wollte den Hund mit diesen „verstärkten Maßnahmen öffnen“. Schön gewählte Worte für offensichtliche und sinnlose Tierquälerei. Nebenbei bemerkt an einem Hund ausgeführt, den man vorher seiner Wehrhaftigkeit beraubt hat, indem man ihm einen Maulkorb aufzog. Ich bin sicher, weder Herr Grewe noch sein Schüler hätten sich auch nur in die Nähe dieses Hundes gewagt und ihn schon gar nicht so übel behandelt, wenn dieser sich hätte wehren können. Blumige Worte gab es übrigens auch schon bei der Auswahl von Seminar- und Buchtiteln von CANIS: „Hoffnung auf Freundschaft“. Nun, wenn man als Freund von Herrn Grewe einen Blechnapf ins Gesicht geschlagen bekommt, ist man doch froh, nicht zu seinem Freundeskreis zu zählen.
Die auf dem Video zu sehenden Leinenrucks gehören zum Standard-programm der CANIS Ausbildung und auch schon in der Vergangenheit hat Herr Grewe nie einen Hehl daraus gemacht, dass er durchaus gewillt ist, auch härter durchzugreifen, wenn dies seiner Meinung nach nötig ist. Nun stellt sich die Frage, ob er überhaupt die Fachkompetenz hat, dies zu beurteilen?! Denn dass er in diesem Fall fachlich vollkommen versagt hat, ist offensichtlich und im vergangenen Jahr durfte sich ein Millionenpublikum bei STERN-TV ansehen, wie Herr Grewe unfähig war, einen Rottweiler unter Kontrolle zu halten, der Monate zuvor einen kleinen Jungen durch gezielte Bisse in den Kopf schwerst verletzt hatte. Wer gibt so jemandem immer wieder die Möglichkeit, mit Hunden, die im Sinne der Gefahrenverordnung auffällig geworden sind und ein Risiko für die öffentliche Sicherheit darstellen, zu arbeiten?!
Auf Facebook fand sich folgender Vorschlag an Herrn Grewe gerichtet: „Sehr geehrter Herr Grewe, da Sie mit Facebook umgehen können, gehe ich davon aus, dass Sie auch mit google umgehen können. Geben Sie dort doch einfach mal die Begriffe „positive Bestrafung und Folgen“ ein und Sie bekommen 3.580.000 Hinweise, was für einen maßlosen Unsinn Sie in Ihrer Stellungnahme abgegeben haben.“ Dem kann man nur zustimmen.
3. Last not least ist die Rolle des Ausbilders Michael Grewe interessant, denn schließlich schreibt er ja selbst, dass die ganze Szenerie während eines Seminars stattfand. Auffällig ist, dass keiner der Anwesenden vernünftig eingewiesen war. Der junge Mann, der den Hund hielt, war völlig planlos; das Einzige, was er schon richtig gut konnte, waren Leinenrucks ausführen und mit dem Napf sehr schnell und gezielt zuschlagen, was darauf schließen lässt, dass er dies nicht zum ersten Mal getan hat. Die Halterin hatte ebenfalls keine Ahnung, was warum zu tun ist. Während der „verstärkten Maßnahmen, die den Hund öffnen sollten“, erklärte Herr Grewe, was als Nächstes zu geschehen habe – während der Hund unendlich viele Beschwichtigungssignale zeigend und total gestresst und verzweifelt seiner Erwartungsunsicherheit überlassen wurde. Lernpsychologisch unglaublich. Und es kann doch nicht angehen, dass an einem – bereits auffällig gewordenen Hund, der laut Herrn Grewe schon mehrfach zugebissen und Menschen verletzt hat und bei dem die Einschläferung droht (!) – Azubis herumprobieren!
Herr Grewe schreibt in seiner Stellungnahme, dass er betroffen ist über den Hass, der ihm und seinen Mitarbeitern von Menschen entgegen schlägt, die doch gar nicht wüssten, wie er arbeitet. Wie kommt er nur darauf, dass die Menschen das nicht wissen?! Es ist doch ganz deutlich im Video zu sehen! Seine Ankündigung, er werde seiner Arbeit trotzdem treu bleiben wird, lässt nichts Gutes für die Hunde – und ihre Menschen – hoffen.
Nachdem sich Herr Grewe in der Vergangenheit oft über Kollegen belustigt hat, die auf positive Verstärkung und sanfte Erziehung setzen, die lieber erst mal eine vernünftige Verhaltensanalyse erstellen und dann an den Ursachen für die Probleme arbeiten, statt an den Symptomen herum zu strafen, die dem Tier mit Achtung und Respekt statt mit Gewalteinwirkung begegnen, möchte ich diese Stellungnahme mit einem chinesischen Sprichwort beenden:
„Man kann ein Pferd nicht mit Brüllen erziehen und dann erwarten, dass es auf Flüstern gehorcht.“ Gleiches gilt auch für Hunde. Wenn ich zukünftig gefragt werde, wo der größte Unterschied in der Trainerausbildung von CANIS und animal learn zu finden ist, werde ich auf dieses Video verweisen. Es beantwortet diese Frage eindeutig!
Bernau, 19. Dezember 2012
Clarissa v. Reinhardt
animal learn