AW: Habt Ihr Weihnachten Schnee?
Liebe Dagmar,
mei, wie gerne würde ich mit Dir tauschen!
Mir geht der Schnee jetzt schon sooo derartig auf den Keks - und es ist kein Ende abzusehen!
Wir haben hier, im südlichen Ruhrgebiet, seit dem 2.Dezember ununterbrochen Schnee. Alle zwei, drei Wochen taut er mal ein bisserl weg, so dass man - nachdem die Sprühfahrzeuge im Einsatz waren - einen Tag halbwegs sorglos Autobahn fahren kann, aber dann fällt auf den an den Straßenseiten emporgehäuften Haufen oder auf Wiesen und Wald ein neuer.
In meiner Straße sieht es romantisch aus: Auf beiden Seiten türmen sich zwei Meter hohe und ebenso breite Schneeberge, die jetzt zu einer ganzen Gebirgskette hinter den Bürgersteigen zusammenwachsen; das ist das Zeug, was die Leute aus ihren Einfahrten und von den Bürgersteigen zusammengeräumt haben. Die kleinen Reihenhäuschen dahinter, sieht man deshalb bis zur ersten Etage nicht mehr.
Wenn ich das Auto benutzen will, muss ich es regelmäßig ausgraben, das macht aber nur Sinn, wenn die Straßen halbwegs geräumt und in Ordnung sind.
Und weil die Kommunen hier arm sind, und schon wieder allerorten Streusalzmangel herrscht, sind sie das fast nie.
Also kaufe ich seit dem 2. Dezember nahezu alles zu Fuß ein. Dazu bediene ich mich neben eines Einkaufskorbes, einer Umhängetasche aus Stoff, da geht viel rein. Und weil's nicht anders geht, übe ich jetzt, mit zwei Hunden an Straßen leinenlos zu laufen, denn nix ist ja angenehmer als die Vorstellung, von zwei Kötis an der Leine nach vorn auf glattem Grund weggerissen zu werden, und dann in eine zerdeppernde Weinflasche oder in ein zerspringendes Gurkenglas zu fallen.
Bonnie kann das eh, aber bei Tino hatte ich anfangs ziemliche Sorgen -- inzwischen macht er es aber ganz gut. "Bei Fuß", "Geht am Rand!", "Wartet, kommt ein Auto!" und "Rüber!" funktionieren ganz gut, nur die hohen Schneeberge, die zum Überqueren der Straßen manchmal nur enge Durchlässe bilden, irritieren die Hunde doch.
Also, raus geht es ja leicht, die Hunde finden nur auf der gegenüberliegenden Seite mitunter den Eingang nicht, und wollen dann an der falschen Seite der Schneeberge "am Rand" der Straße entlang laufen, sozusagen also, fast mitten auf der Fahrbahn....:engel1:
Eine Alternative zu diesem gewagten Gelaufe habe ich vorher zwei Wochen lang - und dazwischen immer wieder - ausprobiert:
Man kann sich nämlich von meiner Wohnung durch Brombeerdickichte zum Städtchen und den Einkaufsläden schlagen! Im Sommer ist da ein durchaus gangbarer Pfad, den Kinder und Jugendliche gerne nehmen. Und natürlich Leute die Hunde haben, weil da, klar, weit und breit kein Auto fährt.
Im Sommer ist es also behaglich. Im Frühjahr und Herbst bekommt man dort sehr bematschte Füße, denn der Untergrund ist feucht. Gut, damit kann man ja auch noch leben. In diesem Winter aber, bei 60 cm Schnee, ist der Weg die reinste Katastrophe.
Von der Schneelast beugen sich die Brombeerranken so tief, dass man nahezu drunter weg kriechen muss, und ständig reissen sie einem die Mütze vom Kopf oder man bleibt mit dem Schal hängen. Und weil dort natürlich niemand Schnee räumt, watet man bis über die Knie in der weißen Pracht.
Alles glitzert und prangt ganz zauberisch, vor allem jetzt bei dem wachsenden Vollmond vor Heiligabend. Das Auge kann sich gar nicht sattsehen an dieser Köstlichkeit, wenn man dort im frühen Dunkel um kurz nach fünf seine Hunderunde beendet und schwerbepackt mit leckeren Abendeinkäufen durch den Schnee pflügt. Das Auge geniesst - und verzeiht alles (wie, dass einem ständig die Mütze heruntergerissen wird), denn man ist ja in einem vom Vollmond beschienenen Märchenland, man geht durch fein funkelnde Diamanten, und jede Berührung mit überhängenden Zweigen erzeugt ein rieselndes, stäubendes Glitzern unter dem Mond...
Dennoch, liebe Leute, da 'nen halben Kilometer durch 60 cm hohen Schnee zu waten, mei, das ist ja sowas von anstrengend!
Dieser Weg ist eigentlich eine Abkürzung --- aber nach meinen jetzigen Erfahrungen gehe ich lieber eine halbe Stunde Umweg, als da noch öfter herzulaufen!
Deshalb finde ich: Schnee ist Mist!
Er zwingt mich dazu, zwischen lauter schlechten Möglichkeiten zu wählen.
Autofahren kann ich kaum mehr, siehe Straßenverhältnisse. Nun kann ich entscheiden, entweder durch hohen Schnee zu waten (hängenbleiben mit Mütze und Schal inklusive), oder die freilaufenden Hunde an den Straßen überfahren zu lassen, oder von ihnen an der Leine fortgerissen zu werden, in die Scherben meiner Einkäufe.
Ja, ist das denn eine Art?
Liebe Dagmie, Du kannst meinen Schnee wirklich gerne haben! Mitsamt einem Sack Streusalz ( weil ich es eh nie benutze
).
NUR Abholung, hier, im sonst grünen Hügelland. Für jeden Kubikmeter gebe ich zusätzlich ein selbstgebackenenes Weihnachtsplätzchen! Das überzeugt doch wohl!
-- Wie, nein?
Dagmie, das ist ein ernstgemeintes Angebot! Wie sollst Du denn sonst an Schnee kommen? Also, nun zauder nicht lange und bestell schon mal die Lastwagen!
Kurz und klein: was sich die einen ersehnen, ist für die anderen ein Fluch.
Lieben Gruß,
Geli:blume2: