AW: Das Leben ist schön! - Bonniegeschichten
Bonnietagebuch, 02.03.07
Des Menschen Meinung ist sein Himmelreich.
Dadurch dass ich Bonnie habe, erlebe ich mitunter Dinge mit anderen Hundehaltern, die mir in einem Leben ohne Hund nicht begegnet wären.
Über andere Leute und deren Hundeumgang herziehen? Eigentlich will man das nicht, schließlich kann man schlecht einzuschätzen, wie absurd und karikaturenhaft man sich selbst manchmal verhält.
Aber der heutige Tag bescherte mir gleich drei so verschrobene Erlebnisse, dass ich sie zumindest aufschreiben möchte.
Freitagmorgen
Chef weiß wie's geht.
Hier in der Nachbarschaft gibt es einen jungen schwarzen Retrievermix, vielleicht jetzt 16 Monate alt, den ich schon oft aus dem Auto an der Leine mit seinem Herrchen auf der Straße sah.
Ich schaue ihm sozusagen seit über einem Jahr beim Großwerden zu, und immer dachte ich: Oh, der und Bonnie ( weil ähnliche Rasse, gleiches Alter), sie könnten herrlich miteinander spielen!
Das Herrchen, obzwar sehr groß und sehr korpulent, machte auf Sichtentfernung auch einen angenehmen, intelligenten Eindruck, der während des Hundespiels ein angenehmes Gespräch versprach.
Aber nun kenn' einer die Leute!
Heute Morgen jedenfalls kamen uns die beiden tatsächlich auf dem Spazierweg entgegen. Die Sonne schien, der Frühling atmete schon in den harzigen Knospen, und mein Hund sprang und tollte ohne Leine vergnügt neben mir her.
Der korpulente Tierfreund schien indes Probleme mit seinem Hund zu haben.
Seitdem er uns gewahrt hatte, war der Mann abrupt stehengeblieben. Er stand wie ein Fels in der Brandung, während sein Hund an der Leine um ihn herumsprang und heftig nach vorne zog. Wie ein kleines Böötchen sah der Hund aus, welches auf kabbeliger Dünung vor seinem Felsen auf und ab schaukelte, ohne sich je befreien zu können. So wirkten die beiden jedenfalls.
Als ich nun sah, dass der Mann seinen Hund nicht losmachte, ahnte ich Probleme, wenn ich Bonnie weiter auf sie zulaufen ließe, und habe ich sie erst mal zurückgepfiffen. Sie neben mir, bin ich dann weiter vorgegangen, und als ich auf gleicher Höhe mit dem Felsen lag, war ich doch so neugierig, dass ich fragen musste: "Darf Ihr Hund denn nicht frei laufen?"
"Nein," sagte der Mann, "das darf er nicht."
Das genügte mir aber nicht als Antwort. "Hört er nicht auf Sie?", wollte ich wissen.
"Doch," sagte der Mann, "er hört gut. Aber er ist zu ungebärdig."
"Na, das sehe ich," sagte ich lachend, "der Kurze zieht ja wie der Teufel! - Kommt er nicht, wenn sie ihn rufen?"
"Doch, doch. Kommen tut er! - Aber er tobt gewaltig umher, wenn ich ihn freilasse. Und zu Hause springt er dann wie wild zwischen den Möbeln herum! Das hat man nicht gerne, davon kriegen die Möbel Kratzer."
Ich muss ehrlich sagen, dass mir in diesem Augenblick das Lächeln herunterfiel, so erschrocken war ich. - Hatte ich deshalb den Hund immer nur an der Leine auf der Straße gesehen? Hatte ich, weil Hundi nie abgeleint wurde, die beiden nie in Wald und Wiesen getroffen?
Ich bin nicht sehr schlagfertig. Ich habe einmal gesagt, um eine passende Antworten parat zu haben, müsste ich mir eigentlich einen Zettel schreiben, den ich dann in der entsprechenden Situation herausziehe, um die gute Bemerkung ablesen zu können. - Und diesen Zettel hatte ich nun mal nicht dabei.
So blieb mir tatsächlich das Wort im Halse stecken.
Ich habe dann vorsichtshalber nicht nachgefragt, ob "Fels" den Hund zu Hause tatsächlich denn auch nur an der Leine hält, das wollte ich lieber gar nicht wissen. Ich hätte eine entsprechende Antwort, glaube ich, nicht verkraftet. Jedenfalls nicht ohne auszurasten, zu schreien, zu bellen, oder zu beissen. - Und das bring nix.
Ich habe mir auch verkniffen zu sagen, "Also, wenn mein Hund nur an der Leine laufen müsste, würde er auch so toben." - Ich wollte nur noch weg.
Ich hatte den Eindruck, diesem korpulenten Mann war der natürliche Bewegungsdrang seines Hundes ein Rätsel.
Freitagnachmittag
Das brave Herrchen
Hmmmm... heute Nachmittag machten Bonnie und ich einen wunderschönen Ausflug zur hiesigen Hundewiese an den Ruhrauen.
Da tollte im milden Vorfrühlingslicht alles freudig durcheinander was vier Beine hatte; da wurde gerannt, gejagt, getobt, gestubst und geschubst, da wurde gebuddelt und gesprungen, dass der Matsch nur so spritze, und somit meine fast weiße Bonnie am Ende des Spazierganges einem zwar glücklichen, aber fast schwarzem Modderkloß glich.
Und um das abzuwaschen, suchten wir in der Nähe des Parkplatzes eine kleine Badebucht auf.
Heute waren wir nicht allein. Und auf mich wartete ein interessantes Erlebnis.
Am Wasserrand, an der nach links sanft herabfallenden Mole, stand ein Herrchen. Es war ein liebes Herrchen, so um die 60, ich wechselte einige freundliche Worte mit ihm. Im Wasser befand sich sein sehr großer und wunderschöner Golden-Retrieverrüde, der schwamm. Lancelot hieß er.
Nun, Lancelot kam immer wieder in die Nähe der Mole geschwommen, dann warf sein Herrchen etwas weit hinaus ins Wasser, so wie ich für Bonnie den Ball werfe, und der Goldie paddelte eilig hinterher, um es zu kriegen. - Aber er kriegte es nie. - Ich sah immer wieder seinen etwas enttäuschten, stoischen Gesichtsausdruck, wenn er sich wieder umdrehte, um zurückzupaddeln, dass etwas Neues geworfen würde.
Deshalb war Lancelot auch ziemlich scharf hinter Bonnie Ball her, wenn ich ihn für sie warf, aber Bonnie war immer schneller als er. Na, und um Lancelot und sein liebes Herrchen nicht zu frustrieren, warf ich den Ball dann nach rechts, von der steileren Seite der Mole herab, in ein anderes Becken sozusagen. Und Bonnie vergnügte sich, und es war alles in Ordnung.
Dann wollten wir gehen, und das Herrli mit Lancelot wollte auch gehen.
Ich rief: "Bonnie, komm an die Leine!", was problemlos geschah, was aber das Staunen des netten Herrchens hervorrief. "Die kommt einfach so an die Leine?" fragte er.
"Na, klar, Bonnie geht gern an der Leine". "Hmmm.", sagte das Herrchen. Und rief: "Lancelot! Komm!" - Aber Lancelot kam nicht. Das Herrchen versuchte es noch einige Male, doch sein Hund schien sein Rufen völlig zu überhören. Und da er im Wasser war, und dabei einen klugen Abstand von einigen Metern einhielt, konnte sein Herrchen ihn auch nicht kriegen.
Lancelot kam nur dann neugierig näher, wenn Herrli sich bückte und irgendwas aufzunehmen schien.
Dann warf der Chef, der Hund strebte paddelnd der Wurfbewegung hinterher, um sich dann erneut enttäuscht umzudrehen, weil er nix erbeutet hatte.
"Entschuldigung," sagte ich, "aber was werfen Sie denn da?"
"Ich schmeiß Steine, " sagte das Herrchen.
"Aber die kann Lancelot ja nie holen," meinte ich verwundert. "Hier, ich geb' Ihnen mal unseren Ball, schmeißen sie den, den kann er fassen, und den muss er dann zurückbringen, damit sie ihn erneut werfen, und dann kommt er auch raus!"
"Nee, nee," sagte das nette Herrchen lächelnd, "der holt keine Bälle. Deshalb schmeiße ich ja auch Steine."
Wieder begann er, nach seinem Hund zu rufen, doch der Hund beachtete ihn in keinster Weise. Er zog ruhig und weit genug entfernt seine Bahnen, schaute nach dem Himmel und nach den Wolken, bis sich Herrchen mal wieder bückte, was seine Aufmerksamkeit erregte. Aber heraus kam er nicht.
Und das artige Herrlein stand am Wasserrand und konnte nix machen, außer immer wieder zu rufen. Weggehen wollte es auch nicht ohne den Hund, und so blieb dem wohlerzogenen, aber offenbar wenig einfühlsamen Herrchen nichts anderes übrig, als immer weiterzuwerfen...
Fortsetzung folgt