AW: Hund und Kinder
Hi Ihr Lieben, liebe Batida,
ich mag jetzt hier auch antworten.
Bei meinem letzten Hund Lucy, war es kein Problem, sie kam als Welpe in eine Familie mit Kindern.
Mein jetziger Hund, Bonnie, kam mit einem halben Jahr aus einem spanischen Tierheim, meine Kinder waren inzwischen erwachsen - und da war es ein Problem. Da hatte ich anfangs die gleiche Angst wie Du jetzt auch, Batida.
Das ist wirklich so: Der schon halb erwachsene Hund aus dem Tierheim ist, was Kinder betrifft, ein unbekanntes Wesen. Man weiß nix, traut sich auch nicht recht ihn mit Kindern zusammen zu bringen, man kann nicht einschätzen wie er möglicherweise reagiert.
Auf Dauer hilft : Kennenlernen.
Das einzige was anfangs da sein kann, sind als erstes vorsichtige Begegnungsversuche und dabei genaues Beobachten des Hundes.
Ich habe Bonnie, solange ich sie nicht einschätzen konnte, die ersten 2 Monate von Kindern der Nachbarschaft ( es gibt hier urviele und vor allem kleine) weggehalten. Und zwar nicht demonstrativ, durch Rufen oder Wegzerren - der Hund sollte ja keine negativen Gefühle entwickeln- sondern einfach durch Ablenkung des Hundes, wenn Kinder in die Nähe kamen. Bonnie unterstützte das insofern, als dass ich das irgendwie das Gefühl hatte, dass sie Kinder fürchtete. Also, wenn wir rausgingen und auf Kinder trafen, neigte sie dazu sich etwas enger an meinen Beinen zu halten als sonst, äugte aber gleichzeitig äußerst neugierig zu ihnen hin.
Die Feuerprobe kam dann nach ca. zweieinhalb Monaten bei meiner Mutter. Beim Aufbrechen zum Spaziergang hatte ich Bonnie noch nicht an der Leine, auf der anderen Straßenseite ( Spielstraße) spielte ein 10 jähriges Mädi mit einem dicken Ball - der Hund sah's und rannte hin. Der Hund wollte auch mit diesem wunderbaren Ball spielen! - Und hier kam das gute Schickal ins Spiel: Das Mädi hatte auch einen Hund! Sie sprach also meinen Hund direkt richtig angstfrei an, mit "Sitz" und "Lauf" und "Schau" und "Fang", fragte auch mich erst artig, ob sie ihn streicheln dürfte, bevor sie ihn berührte. Und ich sagte, "Klar! - Nur soll er dabei sitzen!" Denn ein Hund der sitzt, und somit ein Kommando befolgt, und aus dem Gespräch zwischen den beiden Menschen erfährt was auf ihn zukommt, ist viel, viel sicherer als einer, der unmittelbar von fremder Hand berührt wird.
Also, diese erste Begegnung, mit einem um Hunde wissenden Kind, verlief phantastisch. Die Kleine begleitete uns dann - mit Ball und Elternerlaubnis - auf unserem Spaziergang. Und während des Spazierganges wurde das Interesse und das Verstehen ( unter meiner Aufsicht) zwischen Bonnie und dem Kind immer größer. Sie spielten ganz toll miteinander!
Aber dass sie überhaupt spielen konnten, lag daran, dass Bonnie inzwischen schon einige Kommandos gut beherrschte. Deshalb war diese Karenzzeit von zwei Monaten im Nachhinein absolut sinnvoll.
Das faszinierenste für beide war, dass Bonnie den Ball halt immer wieder brachte und ausspuckte. Aber dahinter lagen unsichtbar andere und viel grundlegendere Kommandos!!!
Und das ist auch das, was ich dir zum ersten ausgedehnten Kinderkontakt rate:
Ein Hund, der schon ein Stück weit erzogen ist, der also schon die Grundkommandos angemessen verinnerlicht hat.
Wie grundlegend: Kein Anspringen! Das sollte abgewöhnt sein.
Keine Tendenz zeigen, aus Gier nach irgendwas in Deiner oder einer fremden Kinderhand zu schnappen, sei es Keks, Wurstbrot oder Spielzeug.
Bei diesen beiden Dinge solltest du Dir so gut es geht sichersein, dass der Hund es nicht macht.
Dann: Sitz und Aus. Das sollte verinnerlicht sein, damit kannst Du immer noch was retten, sofern der Hund DOCH nach dem Wurstbrot in Kinderhand schnappt.
Und dann ist zur ersten, längeren, testenden Begegnung gut:
Ein Kind, oder Kinder, die selber einen Hund haben.
Dann kriegt der Hund keine Angst - und die Kinder auch nicht.
Das wäre die Grundversorgung. Und während Du das beobachtest, was sich da zwischen Hund und Kindern abspielt, beginnst Du von Mal zu Mal mehr über ihn zu erfahren, und, wenn es gutgeht, von Mal zu Mal sicherer zu werden wie er sich verhält.
Das Kennenlernen und Vertrauen kommt mit der Zeit.
Ein Hund der sich Dir gegenüber oki verhält und auch in der freien Spielsituation mit Dir und Kindern, wird bald keinen Anlass mehr sehen, sie irgendwie als zu beissen zu betrachten. Sie sind in seinen Lebensalltag positiv integriert, und er wird sie auch dann liebevoll annehmen, wenn sie zu ihm in seinen Korb kriechen und ihn mitten im Schlaf umarmen.
Es sei denn, der Hund ist neurotisch und scharf, das kriegst Du aber mit durch Beobachtung! - Und ich gehe mal 100% davon aus, dass es Deiner nicht ist.
Bei Bonnie war nach dieser Spielbegegnung die heimliche Furcht gegenüber Kindern gebrochen.
Sie begann jetzt auch zu meinen kleinen Nachbarskindern hinzudrängen, insbesonders, wenn die irgendein Spielzeug hatten, wie Rollschuhe - das interessierte sie immens! - oder Puppen, Bälle, oder auch nur bunte Tornister.
In dieser Phase war Bonnie schlichtweg fasziniert von Kindern, und bald hatte ich das Gefühl, ihr selber gar nicht soviel bieten zu können, wie sie sich vom Spiel mit den Kindern erhoffte.
Ich schrieb dann so ein Zettelchen an die Pinnwand bei Rewe, dass ich 2x wöchentlich Kinder suche, die - gegen kleines Geld- mit ihr spielen und mit ihr spazierengehen.
Nach etwas Aussuchen fand ich eine Familie, die selber auch einen Hund hatten, der älteste Sohn, damals 11, sollte sich nur ein bisserl Taschengeld nebenbei verdienen.
Na, dabei blieb es nicht. Der 11 jährige zog den 8 jährigen Buben der Familie nach sich, der dann den eigenen Familienhund mitbrachte, und schließlich kam das ganz kleine Mädel mit vier Jahren auch noch dazu.
Mensch, Batida, ein Traum!
Drei Kinder, zwei recht guterzogene Hunde - und viel, viel Spaß!
Inzwischen sind die Kinder 13, 10 und fast 6.
Und Bonnie ist absolut kindersicher!
Genau eine solche Erfahrung wünsche ich Dir auch!
Einen lieben Gruß,
Geli :blume2: