AW: Dingwortdomino
Liebe Dagmar,
ich würde es auch gern wiederbeleben, ich weiß nur nicht, ob es geht.
Dazu müssen wir zunächst mal diesem Spiel, dem Dingwortdomino, wieder klarere Regeln anlegen, die im Laufe der Zeit verschwunden sind.
An alle Neuen, die mitmachen: Das Prinzip ist ja einfach.
Man nimmt ein doppeltes Hauptwort ( Dingwort) , zum Beispiel "Nasenspitze" und hängt an das zweite Hauptwort, in diesem Fall "Spitze" ein drittes Hauptwort dran, was mit dem mittleren einen Sinn ergibt. Zum Beispiel jetzt "Spitzentanz". Daraus folgt, im Gesamten gelesen: "Nasenspitzentanz".
Das macht keinen Sinn, es ist aber komisch, okay?
Und darum geht es.
Max Ernst, ein Künstler des deutschen Surrealismus, schrieb in den zwanziger Jahren sinngemäß: "Wenn sich ein Regenschirm und eine Nähmaschine auf dem Seziertisch begegnen, entsteht im Auge des Betrachters etwas, was ich eine poetische Zündung nennen würde."
Diese Gegenstände, die eigentlich überhaupt nichts miteinander zu tun haben, die sich noch dazu am objektiv falschen Ort befinden, schaffen in unserem Geist plötzlich Verknüpfungen, die vorher nicht da waren.
Dadurch wird eine Sichtweise frei, die es vorher nicht gab.
Darum geht es.
Den Rosenkavalier kennen wir alle. Was aber ist ein Schnittrosenkavalier?
Das ist die billigere Variante des Rosenkavaliers. Einer, der seine Blümchen vielleicht bei Lidl einkauft, und nur so tut als ob. Wir spüren, in dem Begriff steckt eine Doppelbödigkeit.
Und das genau ist, was Max Ernst eine poetische Zündung nannte.
Wir kennen den Amtsschimmel, aber was ist mit dem Amtsschimmelpilz, der von der Allgemeinheit gegessen werden muss? - Wieder eine poetische Zündung!
Also, Dingwortdomino kann mit poetischen Zündungen arbeiten.
Dazu gehört, dass Teilnehmer bitte folgendes NICHT schreiben: keine abstrakten Hauptwörter! Möglichst immer nah am "Ding" bleiben.
Eine Geehrtenversandschaftsversammlung zieht auch immer einen Versammlungsbevollmächtigten nach sich. Der natürlich die Bevollmächtigtenverantwortung trägt. - Langweilig! Da zündet nix!
Und wenn wir erst bei der Verantwortung sind, kommt rasch die Bevollmächtigtenverantwortungsbestimmung. Brrr!
Lieber ganz einfache Begriffe! Wenn jemand ins abstrakte abdriftet, ihn am besten sofort runterholen, mit Hauptwörtern, die mehr dinglich, mehr greifbar sind.
Ich würde dann meinetwegen schreiben: VerantwortungsbestimmungsPAPIER.
Der nächste könnte dann reagieren mit "Papierschwalbe".
Und schon sind wir wieder in einer Atmosphäre, die Zündungen gebiert.
Eine "Bestimmungspapierschwalbe" ist etwas Besonderes, man spürt direkt die Unfähigkeit der Politiker, die nur Luftgeschosse in den Himmel werfen.
Von daher ist Dingwortdomino eigentlich ein ein künstlerisches Spiel.
Es geht um inhaltliche Zündungen. Die können ernst sein, auch ganz leicht, oder nur einfach komisch. Und wenn man die hat, die spürt, damit spielen kann, kann man einen ganzen Text im Wortvergnügungspark erstellen.
Lieben Gruß,
Geli :blume2: